Bauhausuhren aus Berlin
Das junge Berliner Unternehmen FineWatchesBerlin (FWB) präsentiert seine erste Automatikarmbanduhr in Anlehnung an die Bauhaus-Design-Schule.
Eine Uhr, für die man sich Zeit nehmen sollte. Es sind besonders die Details, auf die Mia-Phyllis und Wilfried Liefer Wert gelegt haben bei der Umsetzung ihrer Uhrenkollektion. Die auf den ersten Blick sehr klar und sachlich wirkende Uhr entfaltet ihr wahres Potential beim genaueren Betrachten. Je mehr Zeit man sich zum Schauen nimmt, umso deutlicher wird mit welcher Hingabe sich die beiden Designer den „Kleinigkeiten“ zugewandt haben.
Das Design
Es beginnt mit dem Zifferblatt: ein tiefergelegtes kleines Sekundenzifferblatt, dezentral zwischen 4“ und 5“ platziert, erregt Aufmerksamkeit, auch durch den signalroten Sekundenzeiger. Die aufgesetzten Ziffern und Indexe auf dem Stundenzifferblatt geben dem Gesicht der Uhr zusätzliche Tiefe. Aus dem Double-Layer-Zifferblatt wird so fast ein dreilagiges. Auch das Logo und der Firmenname sind nicht nur aufgedruckt, sondern ebenfalls erhaben.
Gelungen ist auch die sehr feine und harmonische Farbgebung der Uhrenserie. Ein tiefes Blau zieht sich durch das gestalterische Konzept. Feine blaue Kreislinien umfassen sowohl das Sekunden- wie auch das Stundenzifferblatt. Bei genauem Betrachten findet sich auch ein zarter blauer Kreis um die aufgesetzten Leuchtpunkte. Blau ist ebenfalls in der mit einer speziellen Zahnung versehenen Krone zu entdecken. In den Kopf der Krone ist das farbige Firmenlogo eingelegt. Auch die Zierschrauben, die seitlich in die Bandanstöße eingelassen sind, greifen dieses Merkmal auf. Der Farbverlauf setzt sich im handgearbeiteten Lederband fort. Die Aussenkanten und die Nähte des Bandes sind ebenfalls im firmeneigenen Blau gehalten.
Aufwand im Detail
Wer nun denkt, die Idee wäre erschöpft, muss die Uhr nur umdrehen, um im Automatikwerk wieder auf Blau zu stoßen. Bei der Wahl des Werkes haben die Liefers auf ein bewährtes Miyota 8218 zurückgegriffen. Allerdings war man auch hier nicht mit einer Standardlösung zufrieden. Wahrscheinlich zum ersten Mal hat sich jemand die Mühe gemacht dieses millionenfach verbaute Werk zu veredeln. Und man kann sagen: es ist gelungen und hat sich gelohnt. Sämtliche sichtbare Werkschrauben wurden durch gebläute Schrauben ersetzt, der Rotor wurde ausgetauscht und mit einer goldenen Gravur versehen. Natürlich muss dieser Aufwand auch sichtbar sein, deshalb ist der sechsfach verschraubte Gehäuseboden verglast.
„Die größte Herausforderung bei dem gesamten Projekt“, sagt Wilfried Liefer, „war, jemanden zu finden, der die Kompetenz hatte und Willens war, die vielfältigen Design- und Veredelungswünsche zu koordinieren und umzusetzen.“ Besonders die Werkveredelung zeigte sich komplexer und zeitintensiver als erwartet. So musste zum Beispiel ein Hersteller gefunden werden, der die gebläuten Schrauben fertigen konnte, da es vom Werklieferanten keine Veredelungskomponenten gab. Das Gleiche galt für den Rotor und die Gravur. Die gesamte Produktion hatte sich dadurch um mehrere Monate verzögert. Wenn man allerdings dann das Ergebnis in den Händen hält, muss man einfach sagen: es war der Mühe wert!
Erwähnen sollte man auch die weiteren kleinen wohlplatzierten „Hingucker“: Der Modellname und das Logo sind auf den Rand des Gehäusebodens graviert, ein Gruß aus der Hauptstadt befindet sich in goldenen Buchstaben auf dem Rotor. Seitlich auf dem Gehäuse, gegenüber der Krone, befindet sich ebenfalls der fein gravierte Firmenname, auf der Edelstahlschließe und der Oberseite des Lederbandes findet man das Firmenlogo.
Umgesetzt werden die Entwürfe und Ideen von FineWatchesBerlin in Fernost. Für die Produktion werden teilweise die gleichen Hersteller in China genutzt, die auch für einen großen Teil der schweizer und deutschen Markenuhrenhersteller tätig sind. Die Koordination übernimmt eine versierte kleine Agentur vor Ort, die gut vernetzt ist und aus der Vielzahl der Anbieter die passenden herausfilterte. Insgesamt sind acht verschiedene Komponentenhersteller in China an der Produktion beteilig.
Dank modernster Kommunikationswege klappt die Zusammenarbeit sehr gut und zuverlässig. Besonders beeindruckend ist die Bereitschaft und Fähigkeit, auch ungewöhnliche Vorstellungen und Gestaltungsideen zu verwirklichen. Ein Besuch der Produktionsanlagen ist für 2020 von den Inhabern geplant. „Es ist uns wichtig, die Menschen und Orte persönlich zu kennen, mit denen wir zusammen arbeiten“, erklärt Mia-Phyllis Liefer.
Die Verwirklichung eines Traumes
Die Grundlage für die Entstehung dieser neuen Uhrenlinie liegt in der Vergangenheit von Wilfried Liefer. Er war bis 2002 über viele Jahre als Goldschmied tätig und führte in Berlin ein alteingesessenes Juweliergeschäft. Aus dieser Zeit stammt die u(h)rsprüngliche Idee eine eigene Uhr zu bauen. In seinem Geschäft bot er damals noch nicht so bekannten, kleineren Uhrenmarken die Möglichkeit, sich einem größeren Publikum zu präsentieren: Jörg Schauer, Alain Silberstein, Nomos, Chronoswiss und Jacques Etoile gehörten in den 1990er-Jahren dazu. Liefer hatte schon immer ein Auge für das Besondere, das Andere. Er ließ sich vom Elan und Mut der jungen, aufstrebenden Uhrenbauer anstecken und war gern bereit diese zu unterstützten. Nun hat er diesen Schritt gemeinsam mit seiner Tochter selbst gewagt.
„Die Resonanz vom Verbraucher und von den Fachleuten ist sehr ermutigend“, sagt der Designer und schaut zuversichtlich in die Zukunft. Die Finanzierung des Projektes stemmen Mia-Phyllis und Wilfried Liefer aus privaten Mitteln. „Wir wollen komplett unabhängig bleiben - in allen Bereichen. Uns ist es wichtig, unseren Traum eins zu eins umzusetzen und nicht finanziellen Interessen anderer unterworfen zu sein“, sagt die Tochter, die ihre Fachkompetenz als Marketingprofi in die Firma einbringt. Eine derartige Finanzierung ist in den Zeiten von Kickstarter, Crowdfunding und Co. durchaus ungewöhnlich und zeugt vom Selbstverständnis der beiden Unternehmer.
Erwähnen sollte man auch die gelungene Verpackung: Handgefertigt aus rasch nachwachendem Bambusholz ist eine weiterverwendbare Schachtel mit Magnetverschluss entstanden. Sie erinnert ein wenig an Großvaters Zigarrenkiste, in der in Kindertagen allerlei Schätze ihren Platz fanden.
Der Bezug zu Berlin
Bei der Namensgebung ihrer Firma und auch der Modellreihen haben sich die Liefers ganz bewusst auf ihre Heimatstadt bezogen. Wilfried Liefer lebt seit über 30 Jahren in Berlin und Mia-Phyllis ist in Spandau geboren. Die Namen der Uhren sollen an Plätze, Orte, Personen und Ereignisse in Berlin erinnern, die etwas aus dem allgemeinen Fokus gerückt sind. Die erste Uhr heißt TEUFELSBERG, nach einem der geschichtsträchtigsten Orte Berlins. Außerdem war der Teufelsberg für die Familie Liefer schon immer ein Platz, um Ruhe und Kraft in der Natur zu finden.
Derzeit sind drei unterschiedliche Zifferblatt-Varianten der TEUFELSBERG erhältlich: Schwarz, Emaille-Weiß und mattes Silber. Die Uhren werden mit jeweils einem braunen und schwarzen handgearbeiteten Lederband geliefert. Die Bänder können dank einer Schnellwechselmechanik einfach der jeweiligen Situation angepasst werden. Weitere Modelle sind bereits in Planung.
Soziales Engagement in Nepal
Zum Schluss noch der Hinweis auf das soziale Engagement der Firma: Von jeder verkauften Uhr werden 50 Euro an ein Hilfsprojekt in Nepal überwiesen. Das Geld kommt dort zu 100 Prozent Waisenhäusern und Ausbildungsstätten für Jugendliche und Frauen zugute. Das Projekt „Hands with Hands“ ist komplett privat organisiert, es werden keine Mittel für Verwaltungszwecke verwendet. Auch das war den Liefers wichtig: neben der gestalterischen Idee der Bauhaus-Design-Schule auch deren soziale Komponente nicht zu vergessen.
Vertrieb
Der Verkaufspreis für die Modelreihe TEUFELSBERG liegt, inkl. einem zweiten Lederband, bei 698 Euro, Versandkosten frei in der EU. Der Vertrieb erfolgt über einen eigenen Onlineshop und in Berlin exklusiv durch Juwelier Brose.