Karin Starke, Berliner Perlen; Berliner Morgenpost 2022
Das Start-up Fine WatchesBerlin von Wilfried Liefer und seiner Tochter Mia-Phyllis entwirft Uhren für Menschen, die einen Sinn für die schönen Dinge im Leben haben. Beide lassen sich von der Hauptstadt inspirieren.
Die Armbanduhr, die Wilfried Liefer trägt, sticht schon auf den ersten Blick ins Auge: das Zifferblatt gelb, die eine Hälfte des Lederarmbands rot, die andere Hälfte grün. ,,Gedeckte Pastelltöne sind nicht meins", erklärt er, außerdem sei Farbe gerade groß im Kommen. Ein Trend, auf den Liefer gern aufgesprungen ist. Eine auffällige Uhr, kombiniert mit einem schlichten Anzug oder Kostüm, das sei doch ein toller modischer Hingucker. Die markante Uhr an Liefers Handgelenk ist seine eigene Kreation. Es ist ein Stück aus der Modellreihe „Hansaviertel" (Foto, unten) - der zweiten Serie, die er in seinem 2019 gegründeten Start-up FineWatchesBerlin aufgelegt hat.
Die Idee, eine Uhrenserie zu kreieren, hatte Liefer vor weit mehr als 30 Jahren. ,,Manchmal brauchen Dinge Zeit", sagt der 65-Jährige, der sich selbst einen „Allesmacher" nennt. Nach der Schulzeit absolvierte er eine Lehre zum Heizungs- und Lüftungsbauer, anschließend studierte er Sozialpädagogik, um letztlich die Leitung eines Juweliergeschäfts in Spandau zu übernehmen - jedoch nicht, ohne sich zuvor auch in dieses Metier gründlich eingearbeitet zu haben. Er arbeitete als Goldschmied in Pforzheim, erweiterte nebenbei seine kaufmännischen Kenntnisse. Nach einigen „selbstgewählten privaten und beruflichen Neuorientierungen" fand Liefer zurück zu seiner Idee, eine Armbanduhr zu gestalten. ,,Irgendwann lagen erste Entwürfe auf dem Tisch, dann hat sich das Projekt verselbstständigt", sagt er. Sicher auch, weil seine Tochter Mia-Phyllis als ausgebildete Marketing-Fachfrau begeistert anbot, die Vermarktung zu übernehmen.
Ideen für das Design kommen oft beim Spaziergang
Vor knapp vier Jahren kamen die ersten Uhren von FineWatchesBerlin auf den Markt - mit klarem Berlin-Bezug. „Teufelsberg" nannte Liefer seine vier Modelle umfassende Auftakt-Serie. „Das ist mein Hausberg", sagt der Wahl-Spandauer. Ein „Energieschöpfungszentrum" sei der Teufelsberg für ihn. Auf ausgedehnten Spaziergängen finden Vater und Tochter dort Ruhe und Inspiration. Und: ,,Das ist ein Ort, an dem sich jüngste Berliner Geschichte auftürmt." Der Hauptstadt-Bezug findet sich bei der Uhr auch im Innenleben. ,,From Berlin with Love" ist auf den Rotor graviert. Ein Glasboden ermöglicht den Blick auf das veredelte Uhrwerk mit seinen gebläuten Werkschrauben.
Nach einem Namen für die zweite Uhrenserie von FineWatchesBerlin - oder kurz: FWB - musste Liefer nicht lange suchen: Das Hansaviertel lag für ihn auf der Hand. ,,Das ist das einzige große, zusammenhängende Bauhaus-Viertel in Berlin. Früher war das mal ein sich selbst versorgendes Viertel, heute gibt es dort noch nicht mal mehr ein Cafe." Das findet Liefer schade. Er habe sich vorgenommen, mit seinen Uhrenserien den Blick auch immer auf Orte zu richten, die etwas mehr Zuwendung brauchen. Dahabe das Hansaviertel gepasst. Außerdem: ,,Die Gebäude in ihrer klaren Formensprache sind wunderschön. Form, Farbe und Funktion spielen da gut zusammen - wie bei meinen Uhren." Endmontiert werden die FWB-Uhren seit diesem Jahr an einem der traditionsreichsten Uhrenstandorte in Deutschland - im thüringischen Ruhla. ,,Dort gibt es auch noch eine sehr gut erhaltene Bauhaus-Siedlung", sagt Liefer. ,,Made in Germany" sei ihm eine Herzensangelegenheit gewesen.
Anders als bei der Teufelsberg-Serie hat Liefer bei den Hansaviertel-Uhren den Modellnamen als Schriftzug nach vorn aufs Zifferblatt gezogen. „Auch eine technische Änderung gibt es. Die Uhren sind wassertauglich bis zu einer Tiefe von 100 Metern." Jedes Exemplar wird mit zwei Armbän-dem verkauft, einem aus Leder und einem wasserfesten. ,,Unsere Uhren sind mehr als Zeitmesser", sind Wilfried Liefer und Tochter Mia-Phyllis überzeugt. ,,Das sind Uhren für Menschen, die sich für die schönen Dinge im Leben Zeit nehmen, sich gern etwas gönnen." Und das scheinen eher die Frauen zu sein: 70 Prozent der FWB-Kundschaft ist weiblich. Das hatten die Liefers nicht erwartet, als sie ihre großen Unisex-Uhren entwarfen. Ein eigenes Ladengeschäft haben sie übrigens nicht. Vertrieben werden die Uhren vornehmlich über den FWB-Onlineshop.